Heim

Und am Ende vom Weg
steht ein ganz großes Heim.
Heim. Wer will das nicht, heim?
Wer da wohnt, sagt man hier,
konnte sonst nirgends bleib‘n.
Heim. Wer will das nicht, heim?
Und da wohnen die Alten,
diese müden Gestalten,
die verwirrten Dementen,
die oft so kläglich enden,
und die Nachts nach der Mama schrein.
Heim. Wer will das nicht, heim?

 
Sie zog ein im August,
im, August, letztes Jahr.
Heim. Wer will das nicht, heim?
Nein, sie wollte nie weg
von Daheim, ist doch klar.
Heim. Wer will das nicht, heim?
Doch der Sohn wird verlegen,
kann die Mutter nicht pflegen,
hat ‘nen Job in Westfalen,
hat Kredit abzuzahlen,
hat ja hier noch sein Eigenheim.
Heim. Wer will das nicht, heim?

Montagmorgen war sie
oft beim Singen dabei.
Heim. Wer will das nicht, heim?
„Dich mein stilles Tal“
und „Die Gedanken sind frei.“
Heim. Wer will das nicht, heim?
Und beim Singen der Lieder
war‘s als würde sie wieder
dieses blutjunge Mädchen,
das gern ausging im Städchen,
und der Vater schrie: Komm Du mir heim.
Heim. Wer will das nicht, heim?

 
Und nun hat sie‘s geschafft,
sie ging von uns, ganz still,
Heim. Wer will das nicht, heim?
Nur die Nachtschwester macht
Überstunden und will
heim. Wer will das nicht, heim?
Doch erst dokumentieren
und den Sohn informieren,
mit dem Nachlass was klären
und das Zimmer schon leeren,
denn am Mittwoch kommt die Neue rein.
Heim. Wer will das nicht, heim?

Und am Ende vom Weg
steht ein ganz großes Heim.
Heim. Wer will das nicht, heim?
Wer da wohnt, sagt man hier,
konnte sonst nirgends bleib‘n.
Heim. Wer will das nicht, heim?
Und da wohnen die Alten,
diese müden Gestalten,
die verwirrten Dementen,
die oft so kläglich enden,
und die Nachts nach der Mama schrein.
Heim. Wer will das nicht, heim?


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